.

Interview: Fahrzeugproduktion für die Limmattal Bahn auf Kurs

Am Sonntag, 11. Dezember 2022 nimmt die Limmattal Bahn ihren fahrplanmässigen Betrieb auf. Dafür hat die Aargau Verkehr AG (AVA) bei der Firma Stadler Rail acht Stadtbahnen des Typs Tramlink bestellt. Die Fahrzeuge werden derzeit im spanischen Valencia produziert.

Reto Häusermann, unser Bereichsleiter Technik/Rollmaterial, verrät im Interview interessante Details.

Reto Häusermann ist seit Juli 2019 Bereichsleiter Technik/Rollmaterial der Aargau Verkehr AG (AVA).


Reto, wie viele Fahrzeuge bestellte die AVA für die LTB?
Für den geplanten Betrieb der Linie 20 benötigt es mindestens sechs Fahrzeuge, wobei die zwei weiteren Fahrzeuge als Reserve für kurzfristige Ausfälle, geplante Unterhaltsarbeiten der Flotte und für Ausbildungszwecke dienen.

Wie und wo werden die Fahrzeuge von Stadler produziert?
Die Fahrzeuge werden bei der Firma Stadler Rail Valencia in Valencia (Spanien) produziert. Die Strassenbahnen werden dort erstmals auf der hauseigenen Teststrecke von Stadler in Betrieb genommen.

Wie ist der aktuelle Stand bei der Fahrzeugproduktion?
Der Rohbau der Wagenkästen der ersten drei Fahrzeuge ist bereits abgeschlossen. Aktuell werden die Wagenkästen des ersten Fahrzeuges mit der Isolation sowie der Beplankung ausgerüstet. Der Fussboden inklusive Schiebetritte sind bereits montiert. Für die Fahrwerke des ersten Tramlinks werden aktuell die Fahrwerksrahmen hergestellt. Bei den Unterlieferanten der Firma Stadler sind bereits alle Komponenten im Bau. Die wichtigsten Schlüsselkomponenten konnten bereits mittels einer «Erststück-Prüfung» abgenommen werden.

Und wann sehen wir die Fahrzeuge das erste Mal im Limmattal?
Die Fahrzeuge werden ab September 2022 für Test- und Schulungsfahrten im Limmattal verkehren. Der fahrplanmässige Einsatz ist ab dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2022 geplant.

Wie werden die Fahrzeuge von der Produktionsstätte ins Depot transportiert?
Die Fahrzeuge werden in Valencia in drei Stücke getrennt und anschliessend mittels Tieflader nach Bremgarten transportiert. Nach dem Ablad werden diese remontiert und ausgiebig in der Werkstatt Bremgarten geprüft. Danach werden die Strassenbahnen nach Fertigstellung der Infrastruktur ins Depot Müsli überführt.

Gibt es etwas spezielles an den Fahrzeugen?
Die Tramlink der Limmattal Bahn sind Zweirichtungsfahrzeuge, welche mit einem Mischradprofil ausgerüstet sind und deshalb auf der Strecke der Limmattal Bahn als auch auf jener der Bremgarten-Dietikon-Bahn verkehren können. Dank diesem Mischradprofil können sich die beiden Bahnen im Zentrum von Dietikon das Trassee teilen. Die Fahrzeuge werden aber nicht im fahrplanmässigen Betrieb der Bremgarten-Dietikon-Bahn zum Einsatz kommen.

Weshalb werden die Fahrzeuge nicht auf dem Netz der Bremgarten-Dietikon Bahn (BDB) eingesetzt werden? Was wäre dazu nötig?
Die Fahrzeuge können nicht im Fahrplanbetrieb der BDB eingesetzt werden, da die Perrons der BDB höher liegen als jene der Limmattal Bahn. Bei der Beschaffung der Strassenbahnen wurde auf eine hydraulische Höhenverstellung der Fahrwerke für den niveaufreien Zugang auf der BDB verzichtet, da dies für den Einsatz der Limmattal Bahn nicht benötigt wird. Die Tramlink können aber für dienstliche Fahrten in die Werkstatt auf der BDB verkehren.


Was ist der Unterschied zwischen diesem Fahrzeug und einem Fahrzeug der BDB?
Die Fahrzeuge der Limmattal Bahn können nicht in Mehrfachtraktion verkehren. Dafür kommen sie mit beiden Spannungen 600 VDC (VBZ) sowie 1200 VDC (BDB) aus. Das Tramlink ist ein 100% Niederflurgelenktriebwagen mit Fahrwerken. Der «Diamant» der BDB ist ein Meterspurgelenktriebzug mit Drehgestellen. Der grosse Unterschied zwischen den beiden Konzepten ist das Fahrverhalten. Beim Gelenktriebwagen dreht in der Kurve der Wagenkasten mit dem Fahrwerk, deshalb hat diese Bauart mehrere kürzere Wagenkästen. Im Gegensatz dazu hat beim Gelenktriebzug mindesten jeder Wagenkasten ein Drehgestell, welches in der Kurve unabhängig zum Wagenkasten dreht.

Braucht das Fahrzeug einen Blinker?
Ja, alle Strassenbahnen welche sich ihr Trasse mit Strassenfahrzeugen teilen und bei Kreuzungen abbiegen können sind standardmässig mit Blinker ausgerüstet.

Wie lang ist ein einzelnes Fahrzeug?
Das Tramlink hat sieben Wagenkästen mit einer Gesamtlänge von 44.1 Meter.

Und wie viele Fahrgäste kann ein Fahrzeug aufnehmen?
Insgesamt bietet das Fahrzeug Platz für 250 Passagiere, davon sind 84 Sitzplätze.

Zum Thema Komfort: Haben die Fahrzeuge eine Klimaanlage?
Sogar drei Klimaanlagen sorgen im Fahrgastraum dafür, dass immer eine angenehme Temperatur herrscht. Über Luftkanäle werden alle Wagenkästen gleichmässig mit frischer Luft versorgt. Jeder Führerstand hat zudem eine eigene Klimaanlage, dies ist bei Schienenfahrzeugen üblich.

Gibt es für die Fahrgäste auch Steckdosen und WLAN?
Ja, alle Fahrzeuge sind mit WLAN und Steckdosen im Fahrgastraum ausgerüstet.

Sind die Fahrzeuge behindertengerecht?
Die Fahrzeuge sind durchgehend niederflurig gebaut und mit Schiebetritten ausgerüstet. Somit ist ein niveaugleicher Einstieg gewährleistet. Das Tramlink hat zwei Bereiche für Personen mit Mobilitätseinschränkungen, damit in beide Fahrrichtungen die Haltestellen optimal bedient werden können. Diese Bereiche sind zudem mit Hilferufsprechstellen ausgerüstet.

Bis wann werden die Fahrzeuge für die LTB im Einsatz stehen?
Die Tramlink Fahrzeuge werden die nächsten 30 bis 40 Jahre auf der Limmattal Bahn eingesetzt. 


Willkommen bei
Aargau Verkehr.